Was ist Familienrekonstruktion?

Wahrnehmung von Ruth Steele

Bild: Ruth Steeele


„…erst die Akzeptanz, das Annehmen und die Aussöhnung mit der Geschichte und den „Vermächtnissen“ der Familie, macht es möglich, eigene Entscheidungen zu treffen und eigene Wege zu beschreiten.“
Marie-Luise CONEN

Familienrekonstruktion – was ist das?

Die Familienrekonstruktion wie sie heute durchgeführt wird, ist stark von der amerikanischen Familientherapeutin Virginia SATIR geprägt und geformt worden. Sie hat diese Methode mit-entwickelt und in Europa eingeführt und gelehrt. Der Linzer Psychotherapeut Alois Saurugg hat die Methode der Familienrekonstruktion bei ihr noch persönlich erlernt und in langjähriger Anwendung weiter entwickelt. Dieses bewährte Konzept ist nun die Grundlage unserer Arbeit.
Familienrekonstruktion ist eine Form von intensiver Selbsterfahrung vor dem Hintergrund der familiären Wurzeln. Es wird eine über Generationen greifende Sichtweise eingenommen. Das Werden der eigenen Persönlichkeit – Wer bin ich? Was bin ich? Wie bin ich? - wird aus der Perspektive der Vor-Generationen – Großeltern – Eltern – betrachtet. Dabei kommt Licht in die Schattenseiten bisheriger Lebensweisen und Lebenszustände. Von Vorgenerationen übertragene Traumata (wie in der Epigenetik beschrieben), die oftmals als wie fremde emotionale Belastungen erlebt werden, können entdeckt und verarbeitet werden. Erlebte Belastungen, Hemmnisse oder Störungen des seelischen Gleichgewichtes werden neu verstehbar und veränderbar. Das Erkennen der familiären Beziehungsmuster - wie sie durch Generationen gewachsen sind - erweitert die Handlungsspielräume und eröffnet neue Entwicklungsmöglichkeiten.

Wie läuft das Seminar ab?

Das Seminar beginnt vor dem Seminar! An Hand von Fragen bereitet sich jede/r Teilnehmer/in bereits in der Zeit vorher intensiv auf die Rekonstruktion vor.
In Gesprächen mit Angehörigen und Bezugspersonen der Familie, anhand von Dokumenten und Fotos werden die eigenen Wurzeln, mindestens bis zu drei Generationen zurück, möglichst genau erforscht. Unter welchen Bedingungen haben die Vorfahren gelebt? In welchen Beziehungsstrukturen, in welchen sozialen Rahmenbedingungen? Wie wurde die Familie durch historische Ereignisse beeinflusst? Welche Talente und Fähigkeiten werden sichtbar? Welche Schicksalsschläge, Dramen und Triumphe haben meine Vorfahren erlebt? Welche Lebenseinstellungen, Werte, Ängste haben sich eventuell daraus ergeben? Gibt es Familiengeheimnisse, Tabus, schwarze Schafe? Welche Familienmythen, Geschichten, Erzählungen werden weitergetragen? In der Vorbereitungszeit werden über die Familien so viele Fakten und Erzählungen wie möglich gesammelt.
Im 8-tägigen Seminarblock wird dann auf achtsame und wertschätzende Weise eine Verbindung zum eigenen Familienhintergrund hergestellt. Das Entdecken der Familienregeln und Familienmythen, der Kommunikationsmuster, der (unausgesprochenen) Botschaften und Familientabus, steht im Vordergrund dieser Arbeit. Durch all das sind die Beziehungsmuster über Generationen mitgeformt worden, die uns ausmachen, uns (über)leben ließen, aber die uns auch beengen oder immer wieder scheitern lassen.

Ziele einer Familienrekonstruktion

Ein Ziel der Familienrekonstruktion liegt darin, der Mutter und dem Vater (oder anderen bedeutsamen Bezugspersonen) neu zu begegnen. Damit entsteht ein Freiraum, der die eigene Entwicklung fördert und ermöglicht.
Das Zusammensein in der Seminargruppe (der kommunikative Austausch, die Kontakte zueinander, sich selbst und die anderen in der Gruppe zu erleben) machen die im Laufe der Lebensgeschichte entstandenen Beziehungsmuster neu verstehbar. Es wird möglich, das zu erfahren, was heilt und versöhnt!
Somit liegt ein Ziel auch im Entdecken neuer Lebensperspektiven.

Methoden

Es kommen bewährte therapeutische Methoden zur Anwendung, wie Rollenspiel, Skulpturarbeit (Familienskulptur), Arbeit mit dem Familienstammbaum, Methoden aus der systemischen – oder Hypno - Therapie. In Beachtung der jeweils persönlichen Fragestellung wird die Teilnehmerin, der Teilnehmer aus dem Verständnis und der Wertschätzung der eigenen Wurzeln heraus in zukünftige Lebensmöglichkeiten begleitet, in denen die Herkunft zu einer neuen Kraftquelle wird.

Voraussetzung:

Günstige Voraussetzungen für eine Teilnahme sind Erfahrungen in Gruppen (wie z.B. Gruppentherapie, Selbsterfahrung, Kommunikation, u.ä.) oder andere Formen von Auseinandersetzung mit der eigenen Lebenssituation, z.B. in einer Psychotherapie oder Beratung.
Für eine persönliche Entscheidungshilfe (sollten Sie persönliche Fragen haben oder unsicher sein, ob das für Sie passt) empfehlen wir ein persönliches Gespräch mit jemandem aus der Seminarleitung, um zu einer guten Entscheidung kommen zu können..

Häufige Fragen:

Warum dauert das Seminar 8 Tage?

Sich näher kennenlernen und sich verändern braucht Zeit! Die Zeitdauer ermöglicht ein sich Einlassen auf sich selbst und das ist eine wichtige Voraussetzung für neue Erfahrungen und erste Schritte zu einer gewünschten Veränderung. Ein Rückzug aus der gewohnten Lebenswelt erzeugt eine innere Freiheit für den Beginn eines Wandlungsprozesses. Im Schutz des Rückzuges entsteht eine höhere therapeutische Wirksamkeit.

Warum ist durchgehende Anwesenheit am Seminarort wichtig?

Dauer schafft Vertrauen!
So kann in der Gruppe und für jede/n Einzelne/n ein hohes Maß an Vertrauen entstehen. Es kommt zu einem Zustand von Sicherheit und Schutz. Das ist eine gute Voraussetzung dafür, sich auch auf eventuell ungewohnte Themen einzulassen.

Werden meine persönlichen Äußerungen (über mich selbst und meine Familie) vertraulich behandelt?

JA,
die Leiter unterliegen einer strengen Verschwiegenheitspflicht (per Gesetz) und die GruppenteilnehmerInnen werden zum vertraulichen Umgang mit den erhaltenen Kenntnissen über einander angehalten und verpflichten sich zur gegenseitigen Vertraulichkeit.

Ist das Seminar eine Familienaufstellung?

Ja und Nein, in beiden Methoden werden Elemente der systemischen Therapie eingesetzt. Die Familienrekonstruktion ist umfassender und wurde bereits vor den Familienaufstellungen entwickelt. Die Familienrekonstruktion zeichnet sich durch eine starke Prozess- und Erlebnisorientierung aus. Eine Besonderheit der Familienrekonstruktion ist die zeitliche Dauer und die starke Miteinbeziehung der Gruppe als Erlebnis- und Erfahrungsraum. Jede Teilnehmerin, jeder Teilnehmer bekommt die für sie/ihn nötige zeitliche Zuwendung und jede/jeder macht die Rekonstruktion ihrer/seiner Familie. Es gibt keine Teilnehmer, die allein als Repräsentanten („Statisten“) dabei sind.

2019-01-13